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„Der Unterschied ist merklich!“ Zu diesem Ergebnis kommt im Idealfall jeder, der sich damit abgemüht hat, etwas sorgfältig zu putzen. So auch die Schüler der Klasse 9c des Hebel-Gymnasiums Pforzheim, die anlässlich der Wiederkehr des 22. Oktober Stolpersteine vor dem Hebel und in der engeren Umgebung geputzt haben. Stolpersteine sind ein dezentrales Denkmal und werden auf bürgerschaftliche Initiative verlegt. Sie erinnern an die Opfer der nationalsozialistischen Diktatur und werden vom Kölner Künstler Gunter Demnig überall dort in den Boden eingelassen, wo diese zuletzt lebten. Biographische Eckdaten „erzählen“ die wesentlichen Lebensdaten, sofern sie überhaupt bekannt sind – und sofern man sie überhaupt wahrnimmt. „Vor dem Hebel-Haupteingang!“, war die Antwort auf die Frage, wo die Schüler schon einmal einen Stolperstein gesehen haben. Beim putzenden Rundgang fiel unschwer auf, wie viele es eigentlich davon gibt, vor allem in der Innenstadt. Demnigs Denkmalkonzept beruht darauf, dass es nicht aufdringlich ist, man die Stolpersteine also leicht übersieht, dafür umso nachdenklicher wird, wenn das Nachdenken darüber einsetzt, was für Menschen es wohl waren, die hier gelebt haben und aus den unterschiedlichsten Gründen zu Opfern der Diktatur wurden. Die meisten von ihnen waren Juden und wurden am 22. Oktober 1940 ins südwestfranzösische Gurs deportiert, ein Lager nahe der spanischen Grenze. Aus diesem Anlass werden die Stolpersteine um dieses Datum herum nun im dritten Jahr in Folge geputzt. Wie kontrovers das Erinnern an diese Menschen geworden ist, die unverschuldet von der NS-Diktatur als ihre Feinde „auserwählt“ wurden, zeigen zwei lokale Ereignisse der letzten Monate: Im Mai kam es anlässlich einer Stolpersteinverlegung in der Bleichstraße zu antisemitischen Pöbeleien, im Juli wurde das Denkmal am ehemaligen Güterbahnhof mit Farbe beschmiert. Anlässlich dieser widerwärtigen Handlungen gegen willkürliche NS-Opfer sieht sich die Schulgemeinschaft des Hebel-Gymnasiums erst recht in der Pflicht, auch weiterhin für ein demokratisches Miteinander in einer freien Gesellschaft einzustehen.

Text: S. Barth

Stefan Rietbrock

fotografiert, schreibt und unterrichtet am Hebel