Geschichtsunterricht kann, muss aber nicht langweilig sein. Emil Gerlach, SchĂŒler am Hebel-Gymnasium Pforzheim, ist dafĂŒr der lebende Beweis. Der 13-JĂ€hrige hat mit seiner schriftlichen Abhandlung ĂŒber das Leben der Römer in Pforzheim beim 28. Geschichtswettbewerb des BundesprĂ€sidenten, ausgerichtet von der Körber-Stiftung, einen der 26 Landespreise abgerĂ€umt. Am Dienstag nahm er die mit 500 Euro prĂ€mierte Auszeichnung bei einer Feier im Neuen Schloss in Stuttgart entgegen. Theresa Schopper, Ministerin fĂŒr Kultus, Jugend und Sport, und Thomas Paulsen, Vorsitzender der Körber-Stifung, ĂŒberreichten ihm und den anderen PreistrĂ€gern die Urkunden. Insgesamt wurden 164 Arbeiten aus Baden-WĂŒrttemberg zum Thema âWohnen hat Geschichteâ eingereicht, bundesweit nahmen 5605 SchĂŒler teil, die 1651 Arbeiten vorlegten.
Topf mit den besten Arbeiten
âEmils Arbeit ist so herausragend, dass sie in den Topf gewandert ist, aus dem die Bundessieger im November gekĂŒrt werdenâ, sagt Regina Senn-Killinger. Sie ist Emils Geschichts- und Lateinlehrerin am Hebel und hat ihn im September 2022 auf diesen Wettbewerb aufmerksam gemacht. âEmil ist ein fitter Kopf. Er war sofort Feuer und Flamme, mitzumachen.â Da niemand sonst aus seiner Klasse Lust auf Gruppenarbeit hatte, beschloss der 13-JĂ€hrige: âDann mache ich das alleine.â Das Thema âRömer in Portusâ habe er gewĂ€hlt, da er schon als Kindergartenkind diese Epoche mochte. âMeine Geburtstage habe ich teilweise sogar unter diesem Motto gefeiertâ, erinnert er sich lachend.
Die römischen Ruinen der Villa Rustica im Pforzheimer Kanzlerwald kannte er bereits. âDas Kappelhof-Museum liegt nur ein paar Hundert Meter entfernt von meinem Zuhauseâ, erzĂ€hlt der Teenager. Besuche beim Limes-Grenzwall und dem renovierten, teilweise begehbaren Landguts des Freilichtmuseums Hechingen-Stein gehörten zum familiĂ€ren Ausflugsprogramm. âDort habe ich viele Fotos geschossen, die ich teilweise fĂŒr die Arbeit verwenden konntenâ, sagt Emil. BĂŒcher und das Internet dienten als zusĂ€tzliche Quellen, um sich einen Ăberblick zu verschaffen.
AllmĂ€hlich kristallisierten sich die Fragestellungen heraus: Wie ist Portus (Pforzheim) entstanden? Sahen die HĂ€user so aus wie bei Asterix? Wer wohnte da? Warum dieser Standort? Waren die Leute wohl reich? Und was ist mit den Kelten? Auch die Einsicht reifte: âDie Informationen reichen nicht, weitere Quellen mĂŒssen her.â Tutorin Regina Senn-Killinger vereinbart zusammen mit Emil einen Termin im hiesigen Stadtarchiv. Eine Fundgrube tut sich dort auf: von Artikeln aus der Pforzheimer Zeitung ĂŒber 150 Jahre alte âProspekteâ bis zu 500 Seiten dicke BĂŒcher â einerseits sehr motivierend, andererseits auch sehr mĂŒhsam, alles zu sichten.
Nach dem Besuch im Archiv kann Emil noch vielseitiger arbeiten. Die Informationen aus den kopierten Quellen zu ziehen, fĂ€llt ihm nicht schwer. Aber es ist viel Arbeit â und der Abgabetermin ist fĂŒr Ende Februar vorgesehen. Die RĂŒcksprache mit seiner Lehrerin ergibt, Emil ist auch dem richtigen Weg mit seiner Recherche. Doch es bleiben weiterhin viele Fragen offen.
Kunsthistorikerin Christina Klittich vom Kappelhof-Museum erklĂ€rt sich zum Interview bereit â trotz der hektischen Adventszeit. Die erste Aufregung legt sich schnell beim GesprĂ€ch, Emil wird immer sicherer und besser im Fragenstellen. Die Weihnachtsferien bremsen seinen Schaffensdrang etwas aus, das Stadtarchiv hat geschlossen. Einen weiteren Termin nimmt Emil alleine wahr. Auch ein erneuter Besuch bei der Villa Rustica zögert sich wegen des schlechten Wetters immer weiter hinaus. Und schlieĂlich zwingt Fieber den SchĂŒler Anfang Februar ins Bett. Das könnte auf den letzten Metern stressig werden!
Die Winterferien nutzt der 13-JĂ€hrige zum Endspurt. Nun heiĂt es Schreiben, Bilder aussuchen und Formatieren. âDas dauert ganz schön langeâ, lautet das Fazit des Gymnasiasten. Alle Recherchefragen habe er zwar nicht klĂ€ren können, aber trotzdem ganz schön viel herausgefunden, was er vorher noch nicht gewusst habe.
Erfolg auf den ersten Wurf
SchlieĂlich reicht Emil seine erste schriftliche Arbeit ein, âdie mehr als fĂŒnf Seiten hatâ, freut er sich. Dass diese gleich beim ersten Versuch so gut abschneidet, damit habe er nicht gerechnet. âMeine Eltern sind natĂŒrlich begeistert und superstolz auf mich. Meine MitschĂŒler und meine Geschwister allerdings haben ĂŒber den Preis nicht groĂ gestauntâ, sagt er. âDie wissen halt, dass du ein Geschichts-Crack bisâ, ergĂ€nzt Regina Senn-Killinger und lĂ€chelt ihren erfolgreichen SchĂŒler an, der als Erster diesen Preis ins Hebel-Gymnasium holte.
Jetzt heiĂt es fĂŒr die Lehrer und Familie Daumen drĂŒcken, dass im November die Fahrt fĂŒr Emil und seine Tutorin ins Schloss Bellevue nach Berlin geht.
Text: Corina WieĂler, Pforzheimer Zeitung. Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
Fotos: Franziska Kaufmann